Mit dem alten Suzuki ins grüne Herz Thailands: Ein Abenteuer zur Regenzeit
Es gibt Tage, da muss ich einfach raus. Raus vom lähmenden Computer, weg von den bekannten Routinen. An solchen Tagen packe ich meine Tasche und knattere mit meinem treuen, 35 Jahre alten Suzuki los. Dieses Mal zog es mich zu einem Ziel, das nur etwa eineinhalb Stunden Fahrzeit von meinem Zuhause in Doi Saket entfernt liegt: in den Doi Khun Tan Nationalpark. Ein Ort, der für mich die Seele des Nordens verkörpert – wild, geschichtsträchtig und herrlich unaufgeregt.
Die Fahrt allein war schon das Ziel. Wer schon mal in so einem alten Suzuki saß, weiß, was ich meine. Kein Schnickschnack, keine Servolenkung, nur pures Fahrgefühl à la Peter Fonda. Jeder Kilometer auf der kurvigen Landstraße zwischen Chiang Mai und Lampang, das motivierte Knattern des kleinen Motors und den Mief der alten Klimaanlage im Gesicht – das ist für mich Freiheit. Ich habe mich über die Bergpässe gekämpft und wurde mit Ausblicken belohnt, die einem den Atem rauben.
Der Bahnhof in den Bergen Thailands: Khun Tan
Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, dem legendären Bahnhof Khun Tan einen Besuch abzustatten. Es ist der höchstgelegene Bahnhof Thailands und liegt malerisch direkt am Parkeingang. Hier zu stehen, ist wie eine Zeitreise. Man spürt förmlich die Geschichte und den Pioniergeist, der hier einst herrschte. Direkt daneben: das Portal des über 1,3 Kilometer langen Eisenbahntunnels, ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst aus dem frühen 20. Jahrhundert. Wenn man in die dunkle Röhre blickt, aus der eine kühle Luft strömt, fühlt man den Puls der Geschichte, der diesen wilden Ort mit der Zivilisation verbindet. Ein faszinierender Kontrast.
Der "Token"
Direkt vor meiner Nase spielte sich dann eine Szene ab, die mich total fasziniert hat und die man heute kaum noch sieht. Ein Bahnmitarbeiter lehnte sich aus dem fahrenden Zug und übergab mit einer großen Schleife einen sogenannten "Token" an einen Kollegen am Bahnsteig. Das ist kein Show-Effekt, sondern ein altes, aber geniales Sicherheitssystem für eingleisige Strecken wie diese. Dieser Token ist quasi der Staffelstab für die Schiene: Nur der Lokführer, der ihn physisch besitzt, darf den nächsten Abschnitt befahren. Das ist Eisenbahngeschichte zum Anfassen – und ein weiteres Detail, das den Doi Khun Tan so besonders und authentisch macht.
Ankunft im Pinienwald
Als ich am Parkeingang ankam, fühlte es sich an, als würde ich eine andere Welt betreten. Die feuchte Hitze der Ebenen wich einer kühlen, klaren Luft, die nach Kiefernharz duftete. Anders als im tiefen Süden wandert man hier nicht durch dichten Dschungel, sondern durch lichte Pinien- und Eichenwälder. Es erinnerte mich fast ein wenig an eine Wanderung in Südeuropa, nur eben mit diesem unverkennbaren thailändischen Flair.
Bärenspinner(s)
Der Regenwald steckt voller Überraschungen, man muss nur genau hinsehen. Auf einem feuchten Stein entdeckte ich diesen kleinen, flauschigen Gesellen hier. Ein Einheimischer erklärte mir später,
dass es sich um die Raupe eines Bärenspinners handelt (das graue haarige Ding). So kuschelig sie auch aussieht, anfassen sollte man sie lieber nicht – die feinen Haare können bei manchen
Leuten ganz schön jucken. Für mich ist das ein perfektes Beispiel dafür, wie viel Leben sich im Verborgenen abspielt, wenn man sich nur die Zeit nimmt, es zu entdecken.
Wolfsspinne:
Direkt am Wasserufer, im feuchten Sand, saß dieser beeindruckende Jäger und hat auf seine nächste Mahlzeit gewartet. Das ist eine Wolfsspinne oder eine eng verwandte Fischerspinne. Statt
gemütlich im Netz zu hängen, jagen diese Biester aktiv ihre Beute – manche können sogar über das Wasser laufen, um sich kleine Fische oder Insekten zu schnappen. Wieder ein Beweis dafür, dass man
im Doi Khun Tan an jeder Ecke auf faszinierendes, wildes Leben stößt, wenn man nur die Augen offen hält.

Mein verschobener Gipfelsturm zu den vier "Dois"
Aber ich war nicht nur zum Spazierengehen hier. Mein Ehrgeiz war geweckt. Mit dem Suzuki bin ich die steilen Wege so weit hochgefahren, wie es die Piste erlaubte, vorbei an den alten Bungalows der Missionare. Als ich meinen Safari schließlich auf Ebene 5 parken musste, war es für die komplette Wanderung auf dem Nature Trail leider schon zu spät. Dieser Weg, der zu den vier berühmten Gipfeln – Doi Mon Pin, Doi Mon Lan, Doi Nok und schließlich zum höchsten Punkt, dem Doi Khun Tan – führt, muss also auf meinen nächsten Besuch warten. Aber das ist kein Beinbruch, sondern der perfekte Grund, bald wiederzukommen und dieses Abenteuer nachzuholen.
Meine persönlichen Tipps für euch
- Beste Zeit: Kommt in der kühlen Jahreszeit von November bis Februar. Tagsüber ist es perfekt zum Wandern, und nachts wird es angenehm frisch.
- Anreise: Ob mit dem eigenen Auto, einem Mietwagen oder wie ich mit einem alten Schätzchen – die Anfahrt über die Berge ist ein Erlebnis.
Campen im Doi Khun Tan Nationalpark
Für mich gibt es nichts Besseres, als direkt in der Natur aufzuwachen. Der Nationalpark bietet dafür zwei tolle Möglichkeiten. Wer es rustikal mag, mietet sich für kleines Geld ein Zelt auf dem offiziellen Campingplatz. Die Ausrüstung ist einfach, aber zweckmäßig. Morgens den Reißverschluss zu öffnen und den ersten Blick auf die nebelverhangenen Pinienwälder und Regenwald zu werfen, ist unbezahlbar. Wer etwas mehr Komfort sucht, bucht eine der einfachen, aber sauberen Blockhütten des Parks. Sie sind geräumig und bieten Schutz, falls das Wetter mal umschlägt. Egal wofür ihr euch entscheidet, denkt daran, vorab zu reservieren, besonders an Wochenenden.
- Ausrüstung: Gutes Schuhwerk ist das A und O. Dazu packe ich immer genug Wasser, ein paar Snacks, Mückenschutz und eine dünne Jacke für den Abend ein.
Mein Fazit: Der Doi Khun Tan ist für mich mehr als nur ein Nationalpark. Es ist ein Rückzugsort, ein kleines Abenteuer und ein Stück echtes Thailand. Wenn ihr also das nächste Mal im Norden unterwegs seid und dem Tourismus entfliehen wollt, dann tut euch selbst einen Gefallen: Fahrt hin, wandert los und atmet die Freiheit der Berge ein. Ihr werdet es nicht bereuen.
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