Die Geschichte von Thailand

"Prathet Thai" lautet der offizielle Name Thailands. Übersetzt bedeutet dies "Land der Freien". Dass es gerade eine der vielen Militärregierungen war, die dem ehemaligen Siam diesen Namen gaben, erscheint dabei ein wenig suspekt. Überhaupt in die Geschichte des Königreichs Thailand mit überraschenden Wendungen, spannenden Momentaufnahmen und allerlei Irritationen versehen.

Thailand Geschichte

Die abwechslungsreiche Historie des Landes kann dabei nur schwer in klar definierte Epochen unterteilt werden. Alleine die Frage, ob vor der Gründung des Sukhothai-Reichs von Thailand überhaupt von einer eigenständigen Geschichte in Bezug auf Thailand gesprochen werden kann, entzweit die Historiker. Eins ist aber klar: Die Geschichte Thailands wird von Dynastien geprägt, welche die Kulturen vergangener Reiche vereinigt haben.

Inhaltsverzeichnis

  1. Frühgeschichte: Die Khmer beherrschen das heutige Thailand
  2. Mon-Völker gründeten die ersten Staaten bzw. Königreiche auf thailändischem Boden
  3. Die Geburtsstunde des Königreichs Thailand: Das Reich von Sukhothai (1238 - 1350)
  4. Unter König Ramkhamhaeng erlebte das Sukhothai-Reich seine Blütezeit 
  5. Ayutthaya übernimmt das Sukhothai-Reich faktisch ohne Blutvergießen
  6. Mitte des 18. Jahrhunderts erreichte das Ayutthaya-Reich seine Blütezeit
  7. Das moderne Thailand: Von der Chakri-Dynastie über die Militärjunta bis zu Yingluck Shinawatra

Frühgeschichte: Die Khmer beherrschen das heutige Thailand

Die Spuren der Thais sind bis in die Jahre 2.500 bis 3.600 v. Chr. zurückzuverfolgen. Jedenfalls belegen die 1967 im Dorf Ban Chiang (Nordost-Thailand) realisierten Funde von Ton- und Bronzegefäßen das Vorhandensein frühgeschichtlicher Kulturen. Auch in der Banyan-Tal-Höhle wurden in diesem Zusammenhang Spuren von Reisspreu-Lagern gefunden; Siedlungsbauten konnten durch entsprechende Ausgrabungen sogar bis ins 5. Jahrtausend vor Christus nachgewiesen werden. 

 

Allerdings liegt die Historie der frühgeschichtlichen Thai-Völker mitunter im Dunkeln. Bekannt sind lediglich einzelne Vorkommnisse. So schlossen sich zum Beispiel 2637 v. Chr. neun Thaistämme zusammen, um gemeinsam Widerstand gegen chinesische Eroberer zu leisten. 1860 v. Chr. verbünden sich die beiden ehemaligen Widersacher dann, um den Mongolenstämmen der Gienjong entgegenzutreten, die Thais und Chinesen bedrohten. 122 v. Chr. gründeten Thai-Volksstämme schließlich im Süden Chinas das Königreich Aliao, das allerdings 35 Jahre später von den Chinesen erobert wurde, bevor es 9 n. Chr. wieder seine Unabhängigkeit zurückgewinnen konnte. Bereits vor der Zeitwende (ca. 43 v. Chr.) sind zudem erste Stadtgründungen (Singburi, Nakhon Pathom, Ratchaburi etc.) in Zentralthailand erfolgt.

 

Forscher gehen davon aus, dass zu dieser Zeit dann die frühen Thai-Völker das Königreich Aliao als Sprungbrett nutzen, um weiter nach Süden vorzudringen. Da sie sich auf ihrem Marsch Richtung Süden an kleineren Nebenflüssen orientierten und die tiefeingeschnittenen großen Flüsse wie Salween oder Mekong mieden, kamen die Thais dabei kaum mit der ansässigen Bevölkerung in Kontakt. Die Gebietsgewinne der Thai-Stämme gelten daher nicht als klassische Eroberungen, sondern werden eher als eine Assimilation oder Übernahme verstanden.

Mon-Völker gründeten die ersten Staaten bzw. Königreiche auf thailändischem Boden

Während sich im Laufe der Zeit Thais, Chinesen, Khmer, Birmanen und die Mon-Völker über Jahrhunderte hinweg kriegerische Auseinandersetzungen um Gebiete in Südchina, Kambodscha, Laos und Thailand lieferten, ist das Jahr 857 n. Chr. ein wichtiges Datum rund um die Entstehungsgeschichte des Königreichs Thailand. In diesem Jahr gründete Prinz Phrom nämlich die westlich von Chiang Rai liegende Stadt Fang. Obwohl die Stadt nie wirklich an Bedeutung gewinnen konnte, breitete sich das Königreich von Prinz Phrom bis nach Sawankhalok, das nördlich von Sukhothai liegt, aus. Allerdings wurde der Eroberungsdrang der Thais von den Birmanen und den Khmer mächtig eingegrenzt, die das Gebiet des heutigen Thailands für sich beanspruchten und entsprechend besiedelten. Demgegenüber entwickelten sich gerade in der Region um Luang Prabang (das heutige Laos) etliche kleine Thai-Königreiche. 

 

Die Mon-Völker, die im Süden Birmas sowie im nördlichen und zentralen Thailand lebten, gründeten die ersten Königreiche nach dem Vorbild des indisierten Funan-Reiches im Gebiet des heutigen Thailands. Die Städte Nakhon Pathom und Lamphun fungierten dabei wahrscheinlich als Zentren. Auch die Khmer, die ihre Blütezeit zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert erlebten und große Teile Südostasiens beherrschten, dehnten ihren Machtbereich unter König Jayavarman II. dann auch auf den Nordosten Thailands aus; Lopburi und Ayutthaya waren dabei die bedeutendsten Städte der Khmer im heutigen Thailand.

 

Im 11. Jahrhundert wanderten schließlich etliche Thai-Stämme in das heutige Thailand ein, verdrängten um 1238 unter dem sagenumwobenen Sri Indraditya die Khmer und gründeten prompt erste Staaten wie Sukhothai oder Lan Na. Sukhothai war dabei das erste Thai-Königreich, welches das heutige Territorium von Thailand als sein Herrschaftsgebiet nachhaltig beanspruchte.

Die Geburtsstunde des Königreichs Thailand: Das Reich von Sukhothai (1238 - 1350)

Wat Traphang Thong in Sukhothai
Wat Traphang Thong in Sukhothai

Mit dem Sukhothai-Reich beginnt dann Thailands offizielle Geschichte; die Stadt Sukhothai wird heute als die Wiege des Königreichs Thailand verehrt. Als König Sri Indraditya (1238 - 1257) das Thai-Königreich von Sukhothai im Jahr 1238 gründete, war allerdings lange Zeit noch nicht absehbar, wie mächtig das Reich werden sollte.

 

In der Anfangszeit kam Sukhothai jedenfalls nicht über den Status einer lokalen Größe hinaus. Eine erste größere Machtdemonstration gelang erst König Ban Muang (1257 - 1279), der älteste Sohn von Sri Indraditya, als er im Jahr seiner Krönung zum König mit seinem Heer die letzten Khmer aus Sukhothai vertreiben konnte.


Die folgenden Jahre wurden von vielen politischen, gesellschaftlichen und territorialen Umwälzungen geprägt. So bildeten sich neben dem Reich von Sukhothai weitere Thai-Fürstentürmer, die machthungrig die Kontrolle über das Gebiet des heutigen Thailands begehrten. Gerade die Königreiche von Lan Na sowie Chiang Rai sollten sich als ständige Kontrahenten um Macht und Besitztümer erweisen; König Mengrai galt dabei als größter Widersacher Sukhothais. 

Unter König Ramkhamhaeng erlebte das Sukhothai-Reich seine Blütezeit 

Als der zweitälteste Sohn von Sri Indraditya, Ramkhamhaeng, im Jahr 1279 König wird, begann ein steiler Aufstieg des Sukhothai-Reichs. Trotz verschiedenster kultureller Einflüsse schaffte es nämlich der legendäre Heerführer und König Ramkhamhaeng (1279 - 1298) ein einheitliches Staatengebilde zu formen, wobei er mit diplomatischen und kriegerischen Mitteln die Khmer und andere Widersacher immer weiter zurückdrängte. Ramkhamhaeng war es übrigens auch, der um 1283 das noch heute verwendete Thai-Alphabet entwickelte.

Das Reich basierte dabei auf einer Ideologie bzw. Ordnung, die von mongolischen Herrschaftssystemen stark beeinflusst war, während die Kultur aus der Assimilation mit anderen Volksstämmen wie die Khmer entstanden war. Der Glaube bzw. die Religion übernahmen die Thais dagegen von den Mon-Völkern, die den singhalesischen Buddhismus praktizierten. Das Reich definierte sich zudem über freien Handel, eine milde Justiz, Steuerfreiheit und freien Zugang zum König. Das Sukhothai-Reich wartete dank dieser Eigenschaften für die damalige Zeit mit einem vergleichsweise modernen Staatswesen auf. 

 

Eine besondere Bedeutung wurde der Stadt Sukhothai auch durch seine hervorragende strategische Lage an den alten Handelswegen zwischen Angkor und Pagan zuteil. Um sich diesen strategischen Vorteil zu sichern griff beispielsweise 1275 König Mengrai von Mae Sot die Stadt mit einem zahlenmäßig weit überlegenden Heer an; die angestrebte Eroberung der Stadt gelang indes nicht. Sogar China musste die Stärke, Macht und Staatswesen von Sukhothai anerkennen und sandte 1282 eine Abordnung in die Stadt, um einen Friedensvertrag auszuhandeln; 1287 schloss Ramkhamhaeng dann sogar Bündnisse mit den Thai-Staaten Lan Na und Phayao. Zudem bot Sukhothai ein derart reiches Erbe an kulturellen und architektonischen Errungenschaften sowie Kunstwerken, dass Historiker die Zeit unter König Ramkhamhaeng als die Blütezeit innerhalb der Geschichte des Königreichs Thailand ansehen. Im 13. Jahrhundert wurde Sukhotai erstmalig als Siam bezeichnet. 

Ayutthaya übernimmt das Sukhothai-Reich faktisch ohne Blutvergießen

Klong Sra Bow Market Ayutthaya
Klong Sra Bow Market Ayutthaya

Nach Ramkhamhaengs Tod (1298) begann quasi sofort der Reichsverfall. Unter dem neuen König Lo Thai (1298 - 1346) verlor Sukhotai immer weiter an Bedeutung, da im Reich die Macht aufgeteilt wurde und es in mehrere Fürstentümer zerfiel. Nutznießer dieser Situation war das Fürstentum Ayutthaya, das seinen Machtbereich entscheidend vergrößern konnte. Als Sukhotai schließlich komplett seine Wehrhaftigkeit verloren hatte, übernahm der Fürst U Thong das Königreich quasi ohne Blutvergießen und degradierte den damaligen Herrscher Sukhotais, König Liu Thai, zum Vasallen Ayutthayas.


U Thong begründete demgegenüber als erster König die Ayutthaya-Periode und ließ sich fortan Rama Thibodi nennen. In der Folgezeit bestimmte Ayutthaya das politische Geschehen im nahezu gesamten südostasiatischen Raum; insgesamt 33 Herrscher lenkten in dieser Zeit (1351 - 1767) die Geschicke des Königreichs. Bereits Rama Thibodi führte das Reich dabei in eine große Zukunft. Er eroberte nicht nur Angkor und vertrieb den damals herrschenden Khmer-König nach Laos, sondern verfasste auch ein an hinduistische Quellen angelehntes Gesetzbuch, führte den Theravada-Buddhismus ein und errichtete eine stattliche Anzahl an prunkvollen Tempeln.

 

In der Folgezeit wetteiferten die jeweiligen Herrscher um die Vergrößerung des Machtgebietes. Das Reich der Khmer wurde dabei endgültig 1431 zerstört und quasi zeitgleich die Überbleibsel der einstigen Sukhotai-Dynastie eliminiert. Allerdings besaß auch Ayutthaya mit dem Königreich Lan Na in dieser Zeit einen unbequemen Kontrahenten. Da es ständig Konflikte und auch kriegerische Auseinandersetzungen gab, lagen die beiden Reiche in einer Art Dauer-Kriegszustand. Ein relatives Kräftegleichgewicht ließ aber keine Partei den endgültigen Sieg erringen.

Mitte des 18. Jahrhunderts erreichte Ayutthaya seine Blütezeit

Laut entsprechenden Überlieferungen präsentierten sich die Könige von Ayutthaya als unumschränkte Herrscher, die teilweise willkürlich über Tod und Leben ihrer Untertanen entschieden; das Königstum wurde praktisch in eine absolutistische Herrschaft umgewandelt. Unter Rama Thiboldi II. (1491 - 1529) nahm Ayutthaya erstmalig Kontakt zu Europäern auf. Dabei besuchten drei Handelsdelegationen bzw. Gesandtschaften zwischen 1509 und 1516 aus Portugal das Königreich; dank der errichteten Handelsstationen betrieb Ayutthaya in der Folgezeit einen lukrativen Handel mit den Europäern. Daraufhin verstärkten sich aber die Streitigkeiten bzw. Konflikte mit Birma. 1549 belagerten die Birmanen - allerdings vergeblich - sogar vier Monate lang Ayutthaya. Jahrzehntelang tobten fortan die Schlachten gegen Kambodschaner und Birmanen. Als Eka Thotsarot zum König von Ayutthaya in Thailand gekrönt wurde, konnte er die politische Organisation Siams und auch die Außenbeziehungen nachhaltig verbessern und festigen, so dass er ein Reich befehligte, dass durch die bis dato größte territoriale Ausdehnung charakterisiert war. 

 

Seine Blütezeit erreichte Ayutthaya aber erst Mitte des 18. Jahrhunderts unter den Königen Boramakot (1733 - 1758) und Suriyamarin (1758 - 1767), bevor Thronstreitigkeiten und innere Konflikte den Staat nachhaltig schwächten und das erstarkte Burma das Reich bedrohte. Ayutthaya sah sich fortan ständigen Angriffen aus Burma ausgesetzt. Konnten anfangs die feindlichen Armeen noch zurück gedrängt werden,wurde die Hauptstadt Ayutthaya 1767 schließlich vollkommen zerstört. König Taksin (1767 - 1782) gründete aber mit Thonburi eine neue Hauptstadt, organisierte den bewaffneten Widerstand gegen die Burmesen und vereinigte das Reich 1778 wieder. Allerdings wurde Taksin 1982 abgesetzt und wegen Größenwahn hingerichtet.

Von der Chakri-Dynastie über die Militärjunta bis zu Yingluck Shinawatra

Die Geschichte des Königreichs Thailand wurde in der Folgezeit von verschiedenen Ereignissen nachhaltig geprägt. Mit der Schaffung der Chakri-Dynastie und der späteren offiziellen Umbenennung in Siam (1855) wurde der Wiederaufbau ermöglicht und Modernisierungen bzw. Reformen realisiert. Als der entscheidende Reformer wird heute noch Rama V. (1868 - 1910) verehrt.

Im ersten Weltkrieg kämpfte Siam an der Seite der Alliierten und zählte nach Beendigung des Krieges zu den Gründungsmitgliedern des Völkerbundes. Nach einem begrenzten kriegerischen Konflikt mit Frankreich um die Kolonien Kambodscha und Laos (1940 - 1941), überstand Siam respektive Thailand den 2. Weltkrieg ohne in größere Kriegshandlungen involviert zu werden. Nach dem Krieg und einer kurzen Phase der Demokratie übernahm das Militär bis 1973 die Macht in Thailand; diese Zeit war geprägt von militärischer und polizeilicher Willkür, Antikommunismus, der Förderung westlicher Normen und der Stärkung des Königshauses. Von 1973 bis 1976 kam es dann noch einmal zu einer kurzzeitigen Demokratisierung, bevor die Militärjunta wieder die Macht übernahm.

Erst 1992 wurde wieder eine Zivilregierung eingesetzt. Polizeioberst Thaksin Shinawatra konnte mit seiner Partei dabei ab 2005 erstmalig in der Geschichte Thailands eine gewählte Alleinregierung bilden. Aber bereits ein Jahr später musste er aufgrund von Korruptionsvorwürfen wieder abdanken; auf ihn folgte Abhisit Vejaajiva als Ministerpräsident. Heute steht mit Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra erstmals eine Frau an Thailands Regierungsspitze.

 

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© Autor & Fotograf  | Michael Schaller, Gründer von Thailand-Spezialisten.com